"Unternehmensverantwortung ist kein Nice-to-have"
Deutsche Post DHL Group hat seinen Corporate Responsibility Bericht 2018 mit dem Titel "Erfolgreich durch Vielfalt" veröffentlicht. Der Bericht unterstreicht, dass Vielfalt der Motor für Innovationskraft, Produktivität und den zukünftigen Erfolg ist - unsere Meilensteine 2018.
Warum haben Sie für diesen Bericht den Titel "Erfolgreich durch Vielfalt" gewählt?
Frank Appel: Deutsche Post DHL Group ist eines der internationalsten Unternehmen der Welt. Von unseren rund 550.000 Mitarbeitern in mehr als 220 Ländern und Territorien trägt jeder Einzelne auf einzigartige Weise zu unserem Erfolg bei. Unser ausgesprochen breites Produkt- und Dienstleistungsspektrum verschafft uns einen beträchtlichen Wettbewerbsvorteil. Diese Vielfalt ist der Motor für unsere Innovationskraft, Produktivität und Zukunftsfähigkeit und begründet unseren Anspruch, weltweit das Logistikunternehmen erster Wahl zu sein. Durch Vielfalt können wir Herausforderungen besser meistern und sind insgesamt widerstandsfähiger.
War 2018 ein besonders herausforderndes Jahr?
Frank Appel: Nicht erst seit 2018 ist das gesamtwirtschaftliche Umfeld von Unsicherheiten geprägt. Als Unternehmen sahen wir uns zuletzt mit einigen neuen Herausforderungen konfrontiert. Im Fokus stand die strukturelle Neuaufstellung der Unternehmensbereiche, um das deutsche Brief- und Paketgeschäft zu stärken und unsere Geschäftschancen im wachsenden Markt für E-Commerce-Logistik noch besser nutzen zu können. Gleichzeitig hat uns das Jahr 2018 einmal mehr gezeigt, auf welch starkem Fundament unser Unternehmen steht. Eine unserer tragenden Säulen ist unsere Konzernstrategie, die sich wiederum aus den vielfältigen Anforderungen und Erwartungen unserer Stakeholder - Kunden, Mitarbeiter und Investoren - ableitet. Damit haben wir nicht nur ein, sondern gleich drei strategische Ziele: Anbieter, Arbeitgeber und Investment erster Wahl zu sein.
Welche Rolle spielt die unternehmerische Verantwortung in dieser Strategie?
Frank Appel: Über unseren Anspruch hinaus, die Wertschöpfung für unsere Kunden und unsere Aktionäre zu erhöhen, wollen wir auch der Gesellschaft etwas zurückgeben und zu einer nachhaltigen Zukunft beitragen. Unternehmensverantwortung (Corporate Responsibility) ist dabei kein Nice-to-have, sondern integraler Bestandteil unserer Konzernstrategie, der einzig und allein auf unserem zentralen Unternehmenszweck gründet: Menschen zu verbinden und ihr Leben zu verbessern.
Also ist Corporate Responsibility Ihr viertes Ziel?
Frank Appel: Corporate Responsibility ist insofern ein Ziel, als verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln ganz einfach gute Geschäftspraxis darstellt. Respekt, Toleranz, Aufrichtigkeit und Offenheit gegenüber Kunden, Mitarbeitern und anderen Stakeholdern sind die Kernprinzipien unseres konzernweiten Verhaltenskodex, der uns als "ethischer Kompass" dient. Wir fördern das Engagement und die Leistungsfähigkeit unserer Mitarbeiter, um unsere Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern. Im Rahmen unseres ökologischen Engagements erhöhen wir die CO2-Effizienz unserer Betriebe, reduzieren den lokalen Ausstoß von Luftschadstoffen und helfen unseren Kunden mit umweltfreundlichen Produkten und Lösungen, ihre Lieferketten grüner zu machen. Sicher sind wir ein Pionier der grünen Logistik - aber Kunden und Investoren erwarten das auch von uns. Damit trägt Corporate Responsibility direkt zu allen drei strategischen Zielen bei.
Was waren Ihre wichtigsten Erfolge als Arbeitgeber?
Frank Appel: Unser wesentliches Ziel sind langfristige Mitarbeiterbeziehungen, für die eine Kombination von effektiver Führung und Mitarbeiterengagement erforderlich ist. Ich habe mich sehr gefreut, dass sich unsere Leistungsindikatoren für aktive Führung und Mitarbeiterengagement im Berichtsjahr trotz der in Angriff genommenen Restrukturierung unseres Brief- und Paketgeschäfts verbessert haben.
Auch die Aufstockung unserer Belegschaft um weitere rund 28.000 Mitarbeiter ist ein beachtlicher Erfolg. Zum 31. Dezember 2018 waren 547.459 Mitarbeiter in unserem Konzern beschäftigt, so viele wie nie zuvor. Seit 2012 hat sich diese Zahl kontinuierlich erhöht - ein Beleg für unsere starke Positionierung in der Logistikbranche selbst in Zeiten des Wandels. Ebenso bemerkenswert ist die Vielfalt der Belegschaft. Unsere Zugehörigkeit zum Thomson Reuters IX Global Diversity & Inclusion Index und Bloomberg Gender Equality Index erfüllt mich mit Stolz. Außerdem wurden wir mit dem European Diversity Award ausgezeichnet und haben vor kurzem als erstes deutsches Unternehmen überhaupt den US-amerikanischen 2019 Catalyst Award für unser "Women in Management"-Projekt gewonnen. Melanie Kreis, unser Finanzvorstand, wird in den Listen der amerikanischen Zeitschriften Forbes und Fortune als eine der 100 mächtigsten Frauen der Welt geführt.
Was waren die Schwerpunkte Ihrer Klima- und Umweltaktivitäten?
Frank Appel: Im Fokus stand unter anderem die Verbesserung der Luftqualität in urbanen Räumen. Zum Beispiel haben wir unsere City-Hub-Lösung in weiteren europäischen Städten eingeführt und damit noch mehr Zustellfahrzeuge durch Lastenfahrräder ersetzt. Wir haben begonnen, konventionelle Motorroller durch Elektroroller zu ersetzen.
Inzwischen sind mehr als 9.000 StreetScooter, unser eigenes Elektrofahrzeug, auf europäischen Straßen im Einsatz. Seitdem wir den StreetScooter auch an Dritte verkaufen, wird die Liste unserer externen Kunden immer länger.
Unsere CO2-Effizienz haben wir gegenüber dem Vergleichsjahr 2007 um einen weiteren Indexpunkt auf nunmehr 33 Prozent verbessert. Damit haben wir einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Mission 2050 erreicht. Konzernweit nutzen wir vorwiegend Ökostrom aus erneuerbaren Energieträgern wie Wind, Wasserkraft, Solarkraft und Biomasse. Der Anteil ist bereits auf beachtliche 77 Prozent gestiegen. Außerdem haben wir Fortschritte bei vielen unterschiedlichen Initiativen gemacht, mit denen wir die Energieeffizienz verbessern und stärker auf alternative Energiequellen zurückgreifen wollen - von Elektro- und Erdgas-Lkw über hochmoderne Flugzeuge bis hin zu grünen Gebäudetechnologien. Auch was unseren Beitrag zum Schutz der Wälder angeht, sind wir weiter auf Kurs: Erneut haben wir gemeinsam mit Partnern eine Million Bäume gepflanzt.
Mit Blick in die Zukunft glaube ich, dass die Förderung synthetischer Kraft- und Brennstoffe auf Basis erneuerbarer Energien ein wichtiger Treiber für die Senkung der CO2-Belastung durch das Transportwesen sein wird. 2018 haben wir uns der Global Alliance Power Fuels angeschlossen, um die Erschließung globaler Märkte für synthetische Kraft- und Brennstoffe zu unterstützen. Außerdem engagieren wir uns weiterhin bei der Entwicklung alternativer Treibstoffe für die Luftfahrt.
Würden Sie sagen, dass sich das Unternehmen für die Gesellschaft genauso einsetzt wie für die Umwelt?
Frank Appel: Sicher. Wir folgen den Grundsätzen des UN Global Compact und unterstützen die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung. Damit sind wir Teil eines gemeinschaftlichen internationalen Engagements für bessere Lebensperspektiven in aller Welt. Viele unserer Mitarbeiter engagieren sich in ihrer Freizeit in lokalen gesellschaftlichen oder ökologischen Projekten. Allein 2018 haben rund 123.000 Konzernmitarbeiter weltweit über 374.000 Stunden in eine Vielzahl von lokalen Projekten investiert.
Bemerkenswert ist die Arbeit unserer DRTs - den Katastropheneinsatzteams - und unseres Katastrophenvorsorgeprogramms. Beide erfolgen in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und verdeutlichen die Wirksamkeit öffentlich-privater Partnerschaften im humanitären Engagement. Auch 2018 wurden wieder zahlreiche Einsätze und Workshops durchgeführt, die eindrucksvoll belegen, was unsere Logistikexperten als freiwillige Helfer bewirken können.
Mit unserem weltweiten GoTeach-Programm haben wir erneut geholfen, benachteiligten jungen Menschen bessere Chancen für den Berufseinstieg zu eröffnen. Außerdem haben wir im vergangenen Jahr unsere Flüchtlingsinitiative in das Programm integriert. Mit rund 4.000 Geflüchteten haben wir im Berichtsjahr einen Arbeitsvertrag geschlossen. Sie bauen sich ein neues Leben auf, leisten wertvolle Arbeit für uns und bereichern und stärken das gesellschaftliche Gefüge.
Laut UN Global Compact ist eine verantwortungsvolle Unternehmensführung wichtig, um Veränderungsprozesse anzustoßen. Würden Sie Ihr Unternehmen als Wegbereiter des gesellschaftlichen Wandels bezeichnen?
Frank Appel: Alle Unternehmen sollten Akteure des sozialen Wandels sein. In unserem Fall gibt es gute Beispiele für Fortschritte in Bereichen wie Menschenrechte, Umwelt und Gesellschaft. Dazu gehört auch die gerade erwähnte Flüchtlingsinitiative. Während die Medien in diesem Zusammenhang häufig von der "Flüchtlingsproblematik" sprechen, haben wir ein positives Beispiel für Integration vorzuzeigen. In Bezug auf den Klimaschutz sind die ausbleibenden Fortschritte auf globaler politischer Ebene manchmal sehr frustrierend. Gleichwohl setzen wir uns weiter klare und ehrgeizige Vorgaben wie unsere Mission 2050 und verfolgen diese mit großer Disziplin und Entschlossenheit.
Sie klingen optimistisch!
Frank Appel: Das bin ich. Sicher steht die Welt vor vielen Herausforderungen, aber vieles spricht für eine weiterhin positive Entwicklung. Nie zuvor gab es in Europa eine über 70-jährige Friedensperiode. Zudem ist seit 1990 die extreme Armut um mehr als die Hälfte gesunken, und die Lebenserwartung steigt. Schließlich sehe ich die beiden großen Entwicklungen unserer Zeit - die Globalisierung und die Digitalisierung - grundsätzlich positiv. Trotz der zunehmenden Kritik an der Globalisierung lassen sich die Wissensströme, die unsere heutige Weltwirtschaft und den technologischen Fortschritt antreiben, nicht aufhalten. Die einzige Antwort darauf ist eine noch stärkere Vernetzung. Die Chancen, die sich daraus ergeben, werden wir nutzen.
Unsere Vielfalt und unsere Vernetzung werden auch zukünftig den Weg für Innovation und Fortschritt bereiten und dazu beitragen, das Leben von Menschen in aller Welt zu verbessern. Davon bin ich fest überzeugt.