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"2024 liegt unser Fokus darauf, unsere Chancen zu nutzen"

Der weltweit führende Logistikkonzern DHL Group startet solide in das Geschäftsjahr 2024. Umsatz und operatives Ergebnis (EBIT) lagen im Rahmen der Erwartungen. Die Prognose für das Gesamtjahr hat der Konzern bestätigt. Im Interview mit DHL Group News ordnet Finanzvorstand Melanie Kreis die Ergebnisse des ersten Quartals ein und spricht über die erwartete Belebung des Welthandels in der zweiten Jahreshälfte und Wachstumschancen für DHL Group im weiteren Jahresverlauf.

Finanzvorstand Melanie Kreis

Frau Kreis, die Belebung der Weltkonjunktur ist bislang wie erwartet ausgeblieben. Wie blicken Sie auf die Geschäftsentwicklung von DHL Group im ersten Quartal?

Melanie Kreis: DHL Group ist solide ins neue Geschäftsjahr gestartet - und das trotz des globalen Umfeldes. Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, die anhaltende Inflation, die vergleichsweise hohen Zinsen und die geopolitischen Spannungen - all das sorgt für eine außergewöhnlich lange Phase mit einer geringen Dynamik im Welthandel. Das haben wir in unserer Jahresprognose antizipiert. Eine spürbare Belebung der Weltkonjunktur erwarten wir für die zweite Jahreshälfte.

Trotz dieser Umstände ist der Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal nahezu stabil, obwohl wir durch das frühe Osterfest weniger Werktage hatten. Das Ergebnis liegt klar über dem Niveau des Vor-Pandemie-Jahres 2019. Das unterstreicht einmal mehr unsere strukturell verbesserte Leistungsfähigkeit.

Pessimistische Stimmen befürchten, dass die Erholung ausbleiben oder es sogar zu einem dauerhaften Rückbau der Globalisierung kommen könnte. Wie sehen Sie das?

Melanie Kreis: Als eines der globalsten Unternehmen der Welt verfolgen wir die Entwicklung sehr aufmerksam. In den Daten, die wir auswerten, sehen wir allerdings keine Anhaltspunkte, dass sich der Prozess der internationalen Arbeitsteilung und Zusammenarbeit fundamental abschwächen oder gar umkehren könnte. Unser kürzlich veröffentlichter DHL Global Connectedness Report beispielsweise zeigt, dass die Globalisierung 2022 ein Rekordhoch erreicht hat und 2023 auf diesem Niveau geblieben ist. Aber: Die Globalisierung verändert sich. Das Stichwort lautet Omnishoring. Unternehmen und Staaten wollen Abhängigkeiten reduzieren und Risiken streuen. Lieferketten werden resilienter, aber dadurch auch noch komplexer. Mit unserer jahrzehntelangen Erfahrung und Aktivitäten in mehr als 220 Ländern und Territorien weltweit sind wir der ideale Partner, um unsere Kunden auf diesem Weg zu unterstützen. Wir sehen die aktuellen Entwicklungen daher eher als mittelfristige Chance für weiteres Wachstum.

Das herausfordernde Umfeld sorgt bei DHL Express und DHL Global Forwarding, Freight nach den Rekorden der Vorjahre aktuell für rückläufige Ergebnisse. Wie bewerten Sie das?

Melanie Kreis: Diese Entwicklungen kommen für uns nicht überraschend. Das Expressvolumen ist durch die Pandemie sprunghaft angestiegen und hat zu einer hohen Auslastung unseres Netzwerks geführt. Wir haben diesen Rückenwind genutzt, um in den Ausbau und die Modernisierung unserer Infrastruktur zu investieren. Aktuell ist die Auslastung des Netzwerks geringer. Dennoch hat Express auch im ersten Quartal wieder eine hohe, zweistellige EBIT-Marge erzielt. Mit unserem leistungsfähigen Netzwerk sind wir hervorragend vorbereitet, wenn der Welthandel wieder an Dynamik gewinnt. Dann profitieren wir von der operativen Hebelwirkung durch eine steigende Auslastung unseres Netzwerks.

Bei Global Forwarding, Freight (DGFF) haben die Luft- und Seefrachtvolumen nach einer schwachen Entwicklung im Vorjahresquartal wieder angezogen. Seit Ende 2023 zeigt sich zudem ein geringerer Rückgang bei den Frachtraten. Da wir das erste Quartal 2024 mit dem ersten Quartal 2023 vergleichen, sehen wir dort noch immer ein recht großes Delta. In Summe steht die Division bei einem EBIT von 263 Millionen Euro und einer EBIT-Marge von 5,7 Prozent. Das ist noch immer ein gutes Ergebnis - und ein klarer Beleg dafür, dass unsere Maßnahmen zur Ergebnissicherung greifen.

Die anderen beiden DHL-Divisionen Supply Chain und eCommerce konnten im ersten Quartal beim Umsatz zulegen. Woher kommt das Wachstum in diesen Bereichen?

Melanie Kreis: Supply Chain hat ein außerordentlich resilientes Geschäftsmodell. Im ersten Quartal konnte die Division mit steigenden Umsätzen und einer verbesserten Profitabilität nahtlos an die sehr gute Leistung des Vorjahres anknüpfen. Dabei profitierte Supply Chain insbesondere von einem starken Neugeschäft in Nordamerika. Das deutliche Wachstum bei eCommerce ist vor allem auf die Akquisition von MNG Kargo in der Türkei zurückzuführen. Übernahmen wie diese helfen uns dabei, in spannenden Wachstumsmärkten schnell führende Marktpositionen einzunehmen und so vom anhaltenden Trend zum Onlinehandel in weiteren Regionen zu profitieren. Die Wettbewerbsintensität im E-Commerce ist hoch. Skaleneffekte und aktives Kostenmanagement sind daher Schlüsselfaktoren, um die Profitabilität im internationalen Paketgeschäft weiter zu steigern.

Auch im inländischen Paketgeschäft herrscht starker Wettbewerb. Dennoch kann die Division Post & Paket Deutschland insbesondere beim Ergebnis stark zulegen. Wie kommt das zustande?

Melanie Kreis: Das Abschneiden von Post & Paket im ersten Quartal ist erfreulich und ein Ergebnis der harten Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in der Division. Ein Vergleich mit dem Vorjahr ist trotzdem schwierig. So war das Vorjahresquartal durch zusätzliche Personalkosten aufgrund des Tarifkonflikts belastet. Gleichzeitig sehen wir, welch tragende Rolle das Paketgeschäft heute für den Erfolg der Division hat. Das wird insbesondere deutlich, wenn wir die 2019er-Zahlen von vor der Pandemie zugrunde legen. Bei manchen Produkten im Briefbereich wie etwa dem Dialogmarketing - also der klassischen Werbepost - liegen die Volumen in einzelnen Monaten gut ein Drittel unter dem Niveau von 2019. Gleichzeitig haben die Sendungsmengen im Paketbereich im selben Zeitraum deutlich zugenommen. Das Ergebnis im ersten Quartal zeigt, dass das Post & Paket-Team die Transformation hin zum Paketgeschäft sehr gut umsetzt. Dabei hilft uns, dass wir im Paketgeschäft die steigenden Kosten weitergeben konnten - im regulierten Briefgeschäft geht das leider nicht. Das macht einmal mehr deutlich, wie dringend eine angemessene Reform des Postgesetzes benötigt wird, um einen qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Universaldienst langfristig wirtschaftlich darstellen zu können.

Sie erwähnten Wachstumschancen. Werfen wir den Blick nach vorn. Was erwarten Sie vom Jahr 2024?

Melanie Kreis: Ich möchte kurz einen Blick zurückwerfen, bevor ich auf 2024 eingehe. Wir haben in den vergangenen Jahren hart gearbeitet, um noch besser und effizienter zu werden. Heute bewegen sich unsere Ergebnisse im Vergleich zum Vor-Pandemie-Niveau auf einer ganz neuen Flughöhe. Das ist auch ein Ergebnis unserer strukturell verbesserten Leistungsfähigkeit. Gleichzeitig sind unsere zentralen Wachstumstreiber E-Commerce, Omnishoring, Nachhaltigkeit und Digitalisierung weiterhin intakt. Wir sind mit unserem Portfolio bestens positioniert, um von einer Belebung des Welthandels zu profitieren. 2024 bietet uns also einige Chancen und unser Fokus liegt darauf, diese Chancen auch zu nutzen.