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"2024 war ein herausforderndes Jahr, das wir mit einem starken vierten Quartal abschließen konnten"

Der Logistikkonzern DHL Group hat trotz weltwirtschaftlicher Herausforderungen im Geschäftsjahr 2024 beim Umsatz zugelegt. Im vierten Quartal verzeichnete der Konzern ein deutliches Umsatz- und Ergebnisplus. Im Interview mit DHL Group News erklärt CEO Tobias Meyer, wie der Konzern die ambitionierten Wachstumsziele der "Strategie 2030" erreichen will, wie der Dividendenvorschlag für die Hauptversammlung 2025 aussieht und was von dem für Anfang April geplanten Kapitalmarkttag des Konzerns zu erwarten ist.

Chief Executive Officer Tobias Meyer

Herr Meyer, starten wir mit dem Blick aufs Ganze: Wie bewerten Sie die Geschäftsentwicklung von DHL Group im abgelaufenen Jahr?

Tobias Meyer: 2024 war von wirtschaftlicher und geopolitischer Volatilität geprägt. Nicht zuletzt dank einer starken Leistung im vierten Quartal konnten wir den Umsatz auf Jahressicht dennoch steigern. Im vierten Quartal selbst konnten wir auch beim EBIT wieder zulegen. Insofern war 2024 ein herausforderndes Jahr, das wir mit einer starken Leistung abschließen konnten.

Insbesondere Express hatte ein starkes Schlussquartal. Das Ergebnis hat im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 40 Prozent zugelegt. Womit hängt das zusammen?

Tobias Meyer: Express hat sich wirklich ein hervorragendes viertes Quartal mit über 1 Milliarde Euro EBIT erarbeitet. Die Marge lag bei über 15 Prozent. Die Grundlage war einmal mehr die hohe Qualität für unsere Kunden. Die Positionierung als Premiumanbieter war auch die Basis für den erstmals eingeführten Nachfragezuschlag im Starkverkehr. Positiv hat sich auch unser Fokus auf höherwertige B2B-Sendungen ausgewirkt. So konnten wir aus dem saisonalen Anstieg der Sendungsmengen im vierten Quartal ein deutliches Umsatz- und Ergebniswachstum generieren.

Sie sprachen es bereits an: Nach zwei Jahren mit rückläufigem EBIT ist DHL Group im vierten Quartal deutlich gewachsen. Können Sie das auch mit Blick auf die anderen DHL-Divisionen einordnen?

Tobias Meyer: Die Entwicklung im Jahr 2024 stimmt mich zuversichtlich. Seit dem zweiten Quartal liegen wir beim Umsatz wieder über Vorjahr. Im vierten Quartal konnten wir nun auch das EBIT signifikant steigern. Dabei profitieren wir vor allem von unserer breiten Aufstellung. Das Geschäft von Supply Chain reagiert mit seinen längerfristigen Verträgen weniger konjunktursensibel. Die Division ist profitabel gewachsen und kann ein Rekord-EBIT von mehr als 1 Milliarde Euro für das Geschäftsjahr 2024 vermelden. Global Forwarding, Freight ist trotz stärkerer Konjunkturabhängigkeit nun drei Quartale in Folge beim Umsatz gewachsen. Sehr erfreulich war auch die Entwicklung der Division eCommerce, die auf Jahressicht umsatzseitig zweistellig zugelegt hat. Das deutsche Post- und Paketgeschäft befindet sich unverändert im Umbruch. Der Rückgang der Briefvolumen hat sich beschleunigt. Gleichzeitig sehen wir bei den Paketen - ausgehend von einem hohen Niveau - weiteres Wachstum.

Bevor wir auf das Jahr 2025 blicken, noch eine Frage zur Dividende. Vorstand und Aufsichtsrat schlagen der Hauptversammlung eine konstante Ausschüttung vor. Damit läge der Konzern oberhalb des Zielkorridors von 40 bis 60 Prozent des Nettogewinns. Wie kommt das?

Tobias Meyer: Ja, der Vorschlag sieht eine konstante Dividende von 1,85 Euro je Aktie vor. Natürlich steht hier noch die Zustimmung der Hauptversammlung aus. Dividendenkontinuität und Aktionärsrendite haben für uns eine hohe Priorität. Mit Blick auf eine attraktive Aktionärsrendite haben wir auch das laufende Aktienrückkaufprogramm bis zum Jahr 2026 verlängert und um weitere 2 Milliarden Euro auf bis zu 6 Milliarden Euro aufgestockt. Durch das Programm bekräftigen wir auch, dass der aktuelle Aktienkurs aus Sicht des Vorstandes nicht das Potenzial der DHL Group widerspiegelt. Wir unterstreichen mit beiden Maßnahmen auch, wie gut der Konzern mit seiner starken Bilanz aufgestellt ist.

Welche Ziele setzen Sie sich für den Gesamtkonzern im Jahr 2025?

Tobias Meyer: Derzeit rechnen wir auch für 2025 mit einem gedämpften makroökonomischen Umfeld. Wirtschaftliche Unsicherheit und Volatilität werden uns weiter begleiten. Das ist anstrengend, bringt für DHL Group aber auch Chancen. Eine zentrale Frage wird sein, wie umfangreich zusätzliche Handelsbarrieren und die damit einhergehenden Anpassungsreaktionen ausfallen. Mit unserer globalen Präsenz und unserem diversifizierten Geschäftsmodell bieten wir jedenfalls die richtigen Lösungen an, um unsere Kunden im immer komplexeren globalen Handel zu unterstützen. Konkret erwarten wir 2025 ein EBIT von ≥6 Milliarden Euro und einen Free Cashflow (ohne M&A) von ~3 Milliarden Euro. Die Prognose berücksichtigt allerdings nicht die potenziellen Effekte aus Änderungen in der Zoll- und Handelspolitik, die erhebliche negative, aber auch positive Auswirkungen haben könnten.

Der Vorstand hat das Programm "Fit for Growth" angekündigt. Warum?  

Tobias Meyer: Ein wichtiger Bestandteil von Strategie 2030 ist eine schlanke und effiziente Aufstellung des gesamten Konzerns. Mit "Fit for Growth" gehen wir den eingeschlagenen Weg konsequent weiter und wollen die Kostenbasis der DHL Group strukturell um mehr als 1 Milliarde Euro verbessern. Die volle Wirkung des Programms erwarten wir in dem Geschäftsjahr 2027. So unterstützen wir proaktiv den Wachstumskurs der Strategie 2030.

Was steht im Fokus von "Fit for Growth"? Können Sie Beispiele für Maßnahmen nennen?

Tobias Meyer: "Fit for Growth" ist ein globales, konzernweites Programm, zu dem alle Divisionen und die Konzernzentrale beitragen. So werden wir beispielsweise bei Express unser Netzwerk von Partner-Airlines optimieren. Darüber hinaus setzen wir in allen Divisionen auf Automatisierung und Digitalisierung im Betrieb sowie den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Kundenservice. Bei Post & Paket Deutschland werden wir im Jahr 2025 strukturell rund 8.000 Stellen sozialverträglich abbauen.

Was sind die Gründe für den Stellenabbau bei Post & Paket Deutschland?

Tobias Meyer: Das Geschäftsmodell von Post & Paket Deutschland wird seit Jahren durch verschiedene Faktoren belastet: So sind die Briefmengen zwischen 2022 und 2024 um 20,3 Prozent zurückgegangen. Die kumulierte Inflation für den gleichen Zeitraum betrug 15,8 Prozent. Gleichzeitig hat die Bundesnetzagentur der Division zwischen 2022 und 2024 nur einen Preiserhöhungsspielraum von durchschnittlich 4,6 Prozent zugestanden. Der nun abgeschlossene Tarifvertrag sieht bei einer Laufzeit von 24 Monaten in Summe Lohnsteigerungen von 5 Prozent vor. Das führt allein in 2026 - und damit noch innerhalb der laufenden Entgeltregulierungsperiode - zu strukturellen Belastungen in Höhe von rund 360 Millionen Euro. Das profitable Paketgeschäft wächst zwar weiter, kann den Rückgang im Briefgeschäft und den anhaltenden Kostendruck jedoch nicht kompensieren. Aufgrund der Gesamtsituation müssen wir die Profitabilität der Division stabilisieren und so ihre Zukunft sichern. Übrigens investieren wir bereits heute schon alles, was Post & Paket Deutschland verdient, wieder in das Geschäft. Die Division trägt auch nichts zur Dividende bei und das erwarten wir auch nicht.

Anfang April steht der Kapitalmarkttag der DHL Group in London an. Was ist von diesem Tag zu erwarten?

Tobias Meyer: Wir wollen einen detaillierteren Blick auf die Wachstumsstrategien unserer Divisionen werfen. Im Rahmen der "Strategie 2030" haben wir uns vorgenommen, den Umsatz des Konzerns um 50 Prozent gegenüber 2023 zu steigern. 20 Prozent dieses Wachstums soll aus Konzerninitiativen kommen, die wir mit Vorstellung der "Strategie 2030" bereits kommuniziert haben. Nun geht es darum, einen genaueren Blick auf die 80 Prozent des Wachstums zu werfen, die aus den bestehenden Strategien der Divisionen kommen werden. Für uns ist der Austausch mit dem Kapitalmarkt auch wichtig, um Feedback für die Weiterentwicklung des Konzerns zu erhalten. Wir freuen uns auf den Dialog.