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"Wir hatten einen guten Jahresstart"

Der Logistikkonzern DHL Group ist mit Umsatz- und Ergebniswachstum ins neue Jahr gestartet. Von Januar bis März kletterte der Umsatz um 2,8 Prozent auf 20,8 Milliarden Euro. Das EBIT verbesserte sich um 4,5 Prozent auf knapp 1,4 Milliarden Euro. Im Interview mit DHL Group News ordnet CFO Melanie Kreis die aktuellen Entwicklungen in der globalen Zollpolitik ein und erklärt, was sie für den Welthandel und die Geschäfte von DHL Group bedeuten. Und sie gibt einen Einblick, welche Rolle wachstumsstarke Regionen und Wirtschaftssektoren in der Strategie 2030 spielen.

CFO Melanie Kreis

Frau Kreis, starten wir zunächst mit einem Blick auf die Zahlen für das erste Quartal: Wie bewerten Sie das erste Quartal für DHL Group?

Melanie Kreis: Wir hatten einen guten Jahresstart. Alle Divisionen sind beim Umsatz gewachsen, und als Konzern konnten wir auch beim EBIT zulegen. Wir konnten damit an die positive Umsatz- und Ergebnisdynamik der Vorquartale anschließen - und das in einem weiterhin sehr herausfordernden Umfeld. Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und Europa war und ist anhaltend schwach. Die US-Zollpolitik hat zwar erst Anfang April eine neue Dynamik erreicht - dennoch war die Verunsicherung der Kunden im ersten Quartal deutlich spürbar. Gerade in einem solchem Umfeld kommt unser erfolgreiches Kosten- und Ertragsmanagement zum Tragen. Auch unser konzernweites Programm "Fit for Growth", mit dem wir unsere Kostenbasis strukturell um mehr als eine Milliarde Euro verbessern möchten, hat bereits einen Beitrag zur positiven EBIT-Entwicklung geleistet. 

In Summe sehen wir uns dank unseres diversifizierten Portfolios, unserer Erfahrung im Umgang mit schwierigen Situationen im Welthandel und unseren Effizienzmaßnahmen robust aufgestellt. Entsprechend bleibt auch unsere Prognose für das Geschäftsjahr 2025 unverändert. Wir rechnen also weiterhin mit einem operativen Ergebnis von mindestens 6 Milliarden Euro und einem Free Cashflow (ohne M&A) von etwa 3 Milliarden Euro. Dabei berücksichtigen wir jedoch explizit nicht die potenziellen Effekte aus Änderungen in der Zoll- und Handelspolitik, die erhebliche negative, aber auch positive Auswirkungen auf unser Geschäft haben könnten.

In Sachen Zölle verändert sich die Lage fast täglich. Wie gehen Sie damit um? 

Melanie Kreis: Das Tempo der Entwicklungen ist schon herausfordernd, insbesondere für unsere Kolleginnen und Kollegen im operativen Geschäft und in der Zollabfertigung. Die Volatilität hat für sie besonders stark zugenommen. Aber wir sind agil und können uns schnell auf neue Umstände einstellen. Das haben wir schon oft bewiesen - während der Pandemie, bei der Krise im Roten Meer oder als ein Vulkan in Island den europäischen Flugverkehr lahmgelegt hat. Jetzt können wir einmal mehr auf unsere große Erfahrung im Umgang mit Volatilität zurückgreifen.

Können Sie schon absehen, wie sich die Zollstreitigkeiten in den nächsten Quartalen auf den Welthandel und auch die Geschäfte der DHL Group auswirken werden?

Melanie Kreis: Die Volatilität ist gerade sehr hoch, auch wenn der Welthandel aus unserer Erfahrung robuster ist als viele glauben. Fest steht jedoch: Handelsmuster verändern sich und hier wird die Dynamik in den kommenden Wochen wahrscheinlich sogar noch zunehmen. Warenströme werden umgeleitet, woraus sich für uns auch Chancen ergeben. Zum einen sind wir durch unsere globale Aufstellung deutlich weniger abhängig vom US-Geschäft als viele unserer Wettbewerber. Zum anderen läuft der Handel auch mit Zöllen weiter. Es wird nur teurer und komplexer. Die Zölle können wir unseren Kunden nicht ersparen, aber die Komplexität können wir ihnen abnehmen. Kurzum: Wir beobachten das Geschehen sehr genau, fühlen uns aber für verschiedene Szenarien gut gerüstet. 

Wie wirken sich die verhaltene Weltkonjunktur und die Handelskonflikte auf Investitionen in künftiges Wachstum des Konzerns aus? 

Melanie Kreis: Natürlich passen wir unsere Investitionen und unsere Kostenstruktur an den Konjunkturzyklus an. Das trifft besonders auf Divisionen wie Express oder Global Forwarding/Freight zu, die sensibler auf die globale Konjunktur reagieren. Unser Ansatz geht aber über kurzfristiges Kostenmanagement hinaus. Mit der Strategie 2030 haben wir uns klare Wachstumsziele gesetzt und die gehen wir auf zwei Wegen an: Zum einen investieren wir kontinuierlich in wachstumsstarke Märkte und Sektoren; zum anderen stellen wir uns insgesamt schlanker und effizienter auf. Wir haben das "Setup for Success" genannt. Im Rahmen dessen konzentrieren wir uns noch stärker auf die Steigerung des Return on Invested Capital - also der Kapitalrendite. Dafür muss nicht nur das EBIT wachsen, sondern auch das investierte Kapital möglichst effizient eingesetzt werden. Unser konzernweites Programm "Fit for Growth", mit dem wir unsere Kostenbasis strukturell um mehr als eine Milliarde Euro verbessern möchten, zahlt voll auf die Kapitaleffizienz ein. 

Post & Paket Deutschland hat im ersten Quartal das Ergebnis deutlich gesteigert. Ist das allein ein Effekt der jüngst in Kraft getretenen Portoerhöhung?

Melanie Kreis: Die neuen Preise im Briefgeschäft haben den erwarteten und dringend notwendigen Beitrag zum Ergebnis geleistet. Das war die erste Briefportoerhöhung nach drei Jahren mit sehr hoher Inflation, und ab dem zweiten Quartal steigen die Kosten aufgrund der vereinbarten Lohnerhöhung noch einmal an. Wir sehen aber auch einen positiven Einmaleffekt durch die Bundestagswahl. Den anhaltendenden strukturellen Trend im Markt kann das jedoch nicht kaschieren: Die Kosten sind stark gestiegen und steigen weiter, die Briefmengen sind bereits stark gesunken und auch hier setzt sich der beschleunigte Volumenrückgang fort. Insgesamt sind wir weiterhin der Meinung, dass der genehmigte Preisrahmen deutlich zu niedrig angesetzt ist, vor allem, weil er der vergangenen Stückkostensteigerung nicht Rechnung trägt. Langfristig kann Post und Paket Deutschland unter diesen Bedingungen nicht die Ertragskraft halten, die wir für Zukunftsinvestitionen in dem Geschäft benötigen. 

Schauen wir auf die globalen Logistikgeschäfte der DHL-Divisionen. Wie bewerten Sie hier die ersten drei Monate?

Melanie Kreis: Insgesamt war es ein ordentliches Ergebnis. Express konnte dem erwarteten Volumenrückgang mit erfolgreichem Kosten- und Kapazitätsmanagement begegnen und bleibt weiterhin hochprofitabel. Bei eCommerce haben wir weiter strategisch in unser Netzwerk investiert. Es ist unser klares Ziel, weitere Marktanteile zu gewinnen. Der Umsatz ist erneut deutlich gewachsen, bei der EBIT-Entwicklung sehen wir die Abschreibungseffekte. Das Geschäft von Global Forwarding zeigte sich insgesamt robust. Der Bereich Freight, unser Straßenfrachtgeschäft in Europa, bekommt hingegen die konjunkturelle Schwäche in Deutschland und Europa zu spüren - vor allem im Automobilsektor. Das wird insbesondere beim Blick auf das EBIT deutlich. Supply Chain zeigt sich unverändert stabil. Die Division hat weiter in die Digitalisierung investiert und konnte im ersten Quartal viele neue Kunden gewinnen. Umsatz, EBIT und Marge legen weiter erfreulich zu.

Mit der Strategie 2030 wollen Sie Ihr nachhaltiges Wachstum in allen Divisionen beschleunigen. Dabei spielen Regionen und Wirtschaftssektoren mit starkem Wachstumspotenzial eine große Rolle. Geben Sie uns einen Einblick in die Pläne des Konzerns? 

Melanie Kreis: Mit unserer Strategie 2030 wollen wir unser nachhaltiges Wachstum beschleunigen - also über dem globalen BIP und profitabel wachsen. Deshalb investieren wir gezielt in Regionen, die eine überdurchschnittliche Wachstumsdynamik aufweisen. Das bedeutet, dass wir bestehende Kapazitäten stärken bzw. gezielt neue Fähigkeiten in den jeweiligen Märkten aufbauen. Ein Beispiel ist die Türkei. Hier verzeichnete DHL eCommerce ein deutlich zweistelliges Umsatzwachstum im ersten Quartal. Es gibt auch nicht nur Regionen, sondern auch Sektoren, die stark wachsen. Das wäre z.B. der Bereich Life Sciences und Healthcare. Der Markt wächst bis 2030 voraussichtlich pro Jahr um zehn Prozent. Mit DHL Health Logistics haben wir eine eigene Marke aufgelegt, unter der wir unsere Kompetenzen bündeln. Wir werden bis 2030 rund zwei Milliarden Euro investieren, um die steigende Nachfrage in der Pharmaindustrie, bei Medizinprodukten und in Wachstumsfeldern wie Biopharma oder Zell- und Gentherapien zu bedienen. Mit der Übernahme von CRYOPDP haben wir im ersten Quartal bereits einen wichtigen strategischen Zukauf getätigt und unsere Kompetenzen in der Spezialpharmalogistik gestärkt. 

Wir sehen daher auch im derzeitigen volatilen und herausfordernden konjunkturellen Umfeld gute Chancen für profitables Wachstum im Einklang mit unserer Strategie 2030.